REZENSIONEN
Einführung in die Ausstellung in
Coesfeld, 2001 durch Dr. Reinhard Spieler |
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Einführung in die Ausstellung Klaus Dieckhoff - Malerei und Tuschzeichnungen in der Städtischen Galerie Coesfeld,
6.5.2001 durch Dr. Reinhard Spieler: |
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"Beim Anschauen des Bildes bedarf es keiner Erklärungen", lautet einer der Leitsätze von Klaus Dieckhoff - man könnte sich also weitere Worte sparen, wollte man den Künstler beim Wort nehmen. Beim Wort nehmen sollte man ihn allerdings schon - mit der Konsequenz, dass man sich darüber im Klaren sein muss, keine verbindlichen Erklärungen liefern zu können. Die Bildwelt von Klaus Dieckhoff ist keine, die sich erklären ließe. Es gibt keine Bildinhalte, keine Ikonographie, keine dargestellten Szenen, keine Texte, die sich unmittelbar auf die Bilder beziehen ließen und einem Klarheit verschaffen könnten. Es gibt keine Gegenstände oder Motive, die man identifizieren könnte und die vielleicht zu der einen oder anderen Erklärung führen könnten. Die Bilder verweigern sich also einem herkömmlichen Muster von Bedeutung oder Erklärung, sie folgen keinen vorgedachten Begriffen oder Inhalten. Eine Beschäftigung mit den Bildern kann also nur ein Versuch der Annäherung sein - eine Annäherung, die vielleicht manches bewusster machen kann und eine Hilfe sein kann, die eigene Wahrnehmung zu präzisieren. Eine naheliegende Annäherung ist zunächst einmal immer die Beschreibung, das Aussprechen und Formulieren des Gesehenen - damit kommt man oft schon erstaunlich weit, denn die begriffliche Formulierung beinhaltet einen Abstraktionsleistung, die das Wahrgenommene bündelt, auf den Punkt bringt. Es ist nicht ganz leicht, die Bilder von Klaus Dieckhoff zu beschreiben, denn wie gesagt: sie greifen nicht auf einen Erfahrungsschatz der motivischen Welt zurück. Insofern bleiben als Vokabular bei der Beschreibung nur Begriffe, die rein malerischen Kategorien folgen: Farbe, Rhythmus, Struktur, Ordnung sind solche Begriffe, mit denen man das Geschehen in Dieckhoffs Bildern fassen könnte. Zunächst einmal fällt auf, dass es in keinem Bild eine Komposition im üblichen Sinne gibt: Die Farb- und Formgeflechte kennen kein Zentrum und keine Peripherie, sondern erstrecken sich als richtungsloses Kontinuum über die Fläche im Sinne eines all over, wie wir es vom Erfinder dieses Prinzips, dem Altmeister des Abstrakten Expressionismus Jackson Pollock, kennen. Obwohl es keine Motive gibt, lassen sich doch Formen und Strukturen festmachen, die zum Teil aus Liniengeflechten bestehen, sich wie bei "Ypsilon" graphischen Zeichen annähern können, ohne diese jemals zu sein, oderschließlich auch nur aus gleichförmigen |
Pinselstrichen zusammensetzen, die eine rudimentäre Formeinheit bilden. Diese Miniaturformen funktionieren wie
Bausteine; für sich genommen bedeuten sie nichts, aber liefern
dennoch eine Einheit, die dem Bild eine architektonische Festigkeit
verleiht. Sie erinnern deutlich an einen der Gründungsväter
der Moderne, an Paul Cézanne, der in solchen Farbbausteinen
eine Synthese aus der vergänglichen sichtbaren Natur und einer
stabilen Bildkonstruktion suchte. Bemerkenswert an Dieckhoffs Kompositionen ist die Ausgewogenheit von Ruhe und Unruhe, die seine Strukturen ausstrahlen. Denn obwohl die Farbflecken außerordentlich unruhig gesetzt sind und die auch die größeren Strukturen, die sich beobachten lassen - etwa kreisartige Gebilde - ergibt sich im Ganzen immer ein harmonisches Gebilde, das zwar Lebendigkeit, aber keine Unruhe vermittelt. Dies lässt sich zum Teil auf die Farbgestaltung zurückführen, denn alle Bilder sind - auch hier wieder eine Parallele zu Cézanne - aus einer Grundfarbigkeit heraus aufgebaut. Die Unruhe und Bewegung im Detail, die sich in der Harmonie des Gesamteindrucks wieder löst, weckt grundsätzliche Assoziationen an naturhafte Vorgänge, obgleich man hier nur von Analogien, nicht von Darstellungen sprechen kann. In einigen Bildern trägt die Farbigkeit solche Assoziationen etwa von Frühling und blühender Natur mit, und bezeichnenderweise scheint auch bei diesen Bildern die Nähe zu Cézanne besonders durch. Die Harmonie, von der gerade die Rede war,
liegt nicht nur in der Farbigkeit, sondern auch in der Komposition
begründet, die stets das Bildganze im Blick hat und keine Zentren
oder Ungleichgewichte zulässt. |
es große Vorbilder, bei denen sich Dieckhoff inspiriert hat. Sowohl Jasper Johns als auch Cy Twombly haben sich mit ähnlicher Problematik beschäftigt. Jasper Johns eher mit Strichstrukturen, wie sie vor allem in den Papierarbeiten von Klaus Dieckhoff auftauchen, Cy Twombly eher mit graphischen Skripturen. So verteilt Twombly Striche, Buchstabenkürzel, Kritzeleien auf der Leinwand ohne scheinbares System - und intendiert dabei einen ebenso poetischen wie auch schwerelosen Schwebezustand zwischen Ruhe und Unruhe, zwischen erkennbaren, an Buchstaben oder Zahlen angelehnten graphischen Strukturen und einer rein expressiven Formensprache, zwischen unreflektierter, dafür umso authentischer Kinderzeichnung und ausgefeiltem künstlerischen Kalkül. Einen solchen Schwebezustand führt Dieckhoff besonders auch in seinen Papierarbeiten vor, die in seinem Werk eine ganz eigene Kategorie bilden. Die Werke, die sie hier sehen, sind allesamt Originale, also keine Auflagen-Arbeiten, und schon die Akribie und der Aufwand der Herstellung beeindrucken unmittelbar. "Kunst ist schön - macht aber viel Arbeit" bemerkte schon Karl Valentin ebenso lakonisch wie zutreffend. Die unzähligen Strichlagen, aus denen sich die Blätter zusammensetzen, scheinen schon fast an meditative Versenkung zu grenzen - ähnlich etwa den Zahlenbildern von Roman Opalka, der seit annähernd 30 Jahren Zahlen malt. Künstlerisch geht es hier in erster Linie um das Finden und Herstellen einer Synthese aus verschiedenen Gegensatzkonstellationen: Makro- und Mikrostrukturen, mikroskopisch kleine Strukturen und dynamisch hingeworfene Tuschstriche werden miteinander konfrontiert, freier gestischer Ausdruck mit strenger Konstruktion. Den tausendfach sich wiederholenden kleinen Strichlagen werden große gestische Tuschpinselzeichnungen gegenübergestellt, die einerseits sich von den monotonen Mikrostrichen herausheben, aber in ihrer seriellen Reihung das gestische-Singuläre wieder zurücknehmen. All das sollen keine Erklärungen sein, sondern Gedanken um die Bilder und Papierarbeiten, Mosaiksteinchen auf dem Weg zu einer Annäherung, die letztlich jeder selbst versuchen und leisten muss. Reinhard Spieler |
Allgemeine Zeitung, Coesfeld, Samstag, 5. Mai 2001:
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Süddeutsche Zeitung Nr. 240, Münchner Kultur, Donnerstag, 18. Oktober 2001:
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Artikel in der Osterhofener Zeitung Nr.134 im Juni 1996 |
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Zur Zeit Ausstellung im Stadtmuseum
Deggendorf - Verschiedene Stadien durchlaufen - Heimat im Vilstal |
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Einer der bekanntesten Künstler unser Region ist Klaus Dieckhoff aus Galgweis. Der passionierte Maler stellt zur Zeit im Deggendorfer Stadtmuseum aus. Die „Osterhofener Zeitung“ sprach mit Klaus Dieckhoff über sein Leben und seine Pläne. Er wohnt mit seiner Frau in einem Idyll: Der Maler Klaus Dieckhoff aus Galgweis. Vor fast 30 Jahren ist er in den Vilstalort gezogen und arbeitet und lebt jetzt im Haus der alten Schule. Wer an seinem Hauseingang klingelt, durchwandert zunächst einen wunderbaren Park, der vom Verständnis und Naturbewußtsein seiner Bewohner Zeugnis gibt. „Ein Freund unserer Familie hat Bilder aus dem Vilstal gemalt“, so Klaus Dieckhoff. „Er hat uns damit vor fast 30 Jahren auf diese Gegend aufmerksam gemacht. Sie hat uns so gut gefallen, daß meine Frau und ich beschlossen, hierher zu ziehen. Inzwischen leben wir in der alten Schule. Hier habe ich vor allem für mein Atelier sehr gute Verhältnisse.“ Als Klaus Dieckhoff nach Galgweis zog, war er gerade 31 Jahre alt. Im Jahre 1936 in Wuppertal geboren, verbrachte er seine Studienzeit in seiner Heimatstadt und in München. Viel Zeit verbrachte er auf Studienreisen. Seit 1965 arbeitet er als freischaffender Maler. |
„In meiner künstlerischen Entwicklung bin auch ich von der gegenständlichen Malerei ausgegangen“, so Klaus Dieckhoff. „Gleich nach dem Studium entstanden viele Gemälde, die in der Tradition der französischen Malerei standen. Bald jedoch interessierte ich mich für die amerikanische Malerei. Ich empfing von dort her wichtige Impulse und setzte sie relativ früh in Europa um.“ Inzwischen hat Klaus Dieckhoff zu seinem eigenen Stil gefunden. Stichwort für seine neuesten Werke ist „Bildorganisation“. Er versteht darunter Bilder, die dem Betrachter nicht ein Zentrum vorgeben, sondern ihn zum Weiterdenken veranlassen. „Mein Ziel sind großflächige Malereien, die in die Richtung von Meditationsbildern gehen“, so der Künstler. Die farbenfrohe Malweise von Klaus Dieckhoff hat seinen Hintergrund. „Wir Menschen begehen viele Sünden an der Natur“, so der Galgweiser Künstler. „Wenn ich mich an die Vilsauen vor 30 Jahren erinnere, so sind sie mir in herrlicher Erinnerung. Aber was ist daraus geworden? In meiner Malerei möchte ich den Menschen die Vielfalt der Farben bewahren.“ Was hat ein Mann wie Klaus Dieckhoff für Hobby? „Hobbys habe ich keine. Meine ganze Leidenschaft gilt der Malerei“ so der Künstler. "Und auch sie ist nicht Beruf oder Hobby, sondern Lebensinhalt." |
Bis zum 14. Juli stellt Klaus Dieckhoff im Stadtmuseum Deggendorf aus. Vorausgegangen sind Ausstellungen in Kloster Asbach (1992), in der Villa Beck in Osterhofen (1994) und im Kunstpavillon am Stachus in München (1995). Näch-ste Woche eröffnet Klaus Dieckhoff eine Ausstellung in Rosenheim. Klaus Dieckhoff ist nicht Hobbymaler, er lebt von seiner Kunst. „Das setzt natürlich voraus, daß man immer am Ball bleibt“, so Klaus Dieckhoff. „Ich habe ein sehr schönes zweites Atelier in München am Max-Weber-Platz, einige meiner Bilder sind im Besitz bedeutender Sammlungen in München und ich gehöre auch vielen Künstler-Organisationen an. Ich habe mich sehr darüber gefreut, daß führende Persönlichkeiten aus dem ostbayerischen Raum bei meiner Vernissage in Deggendorf mit dabei waren.“ Inzwischen arbeitet Klaus Dieckhoff schon wieder an neuen Bildern: „Ziel für die Zukunft sind wahre Farborgien, mit denen ich meinen Betrachtern wirklich Freude bereiten kann.“ Von Hans Erhart |
Artikel in der Passauer Neue Presse im Oktober 1994
Rezension über die Große
Kunstausstellung 1995 |
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Daß Christoph Vitali, der Chef im Haus der Kunst, sein Süppchen partout ohne sie kochen wollte, lag den Herren schwer im Magen. Sie mußten um ihr angestammtes Ausstellungsrecht im Haus der Kunst bangen. Sie kämpften, und sie gewannen, die Secession, die Neue Münchner Künstlergenossenschaft und die Neue Gruppe. Das war im Frühling 1994. Fortan lagen die drei traditionellen Künstlergruppen dem armen Vitali schwer im Magen. Das erstrittene Recht zur alljährlichen Großen Kunstausstellung machte aber auch ihnen selbst offenbar keine große Freude. Die Herren setzten sich auf den Hosenboden und machten Hausaufgaben. Und siehe da, es stellt sich heraus: Die offene Abneigung des Christoph Vitali hat ihnen gut getan. Die Große Kunstausstellung 1995 ist nicht nur anders, sondern besser als alle, die wir bisher gesehen haben. Dabei war der Ansturm der Bewerbungen für die diesjährige Verkaufsausstellung fast uferlos: Über zweitausend Künstler wollten mit mehr als 8000 Werken dabeisein. Wie geht man mit solchen Massen um? Diesmal wurden 301 Künstler mit 423 Arbeiten ausgewählt. Aber dann wurde noch einmal gesiebt, und zwar an Ort und Stelle. Noch am Abend vor der Eröffnung wurden Bilder wieder von den Wänden genommen, die längst im Katalog aufgenommen waren. |
Erst dann war man zufrieden. "Das Abhängen war wirklich hart für uns", gesteht Klaus Dieckhoff von der Secession, aber letztendlich kommt die rigorose Methode der Ausstellung und dem Image der Künstlergruppen zugute: Ein frischer Wind weht in den Räumen. Luft genug für Papierarbeiten und Kleinplastiken, die sich im lebendigen Rhythmus über die Wand und im Raum verteilen. Dazu kommt ein neuer, harmonischer Rhythmus, der sich allein durch Form und Inhalt der Exponate ergibt. Um das zu erreichen, haben sich die drei Künstlergruppen entschlossen, alle Berührungsängste über Bord zu werfen. Wo früher jede von ihnen auf säuberlichen Trennung von den anderen beiden bedacht war, machen sie plötzlich gemeinsame Sache. So dürfen Gisela Hoffmanns "Quader, gestapelt" und Marius Pfannenstiels Objekt "Weide" in unmittelbarer Nähe aufeinander reagieren. Das heißt: Neue Gruppe und Neue Münchner Künstlergenossenschaft auf Armeslänge in einem Raum verbrüdert. Für den Kunstbetrachter ergibt sich indessen eine gute Vergleichsmöglichkeit zwischen der formschönen Abstraktion des einen Objekts und den witzig narrativen Anspielungen des anderen Objekts. Diese Verbrüderung zwischen den Gruppen zieht sich zum Nutzen der Ausstellung und zum Vergnügen des Betrachters durch alle Räume. Die unterschiedlichen Zugehörigkeiten der präsentierten Künstler werden nur noch fein angedeutet. |
Die Schildchen zu den Exponaten verweisen mit einer dunkelroten Linie auf die Secession, mit einer hellroten auf die Neue Gruppe, eine hellblaue Linie gehört zur Neuen Münchner Künstlergenossenschaft. Ein drittes Novum, das dem Rhythmus gut und der Verbrüderung nicht wehtut: Der riesige Zentralraum der Ausstellung wird weder mit Massen von Exponaten noch mit einem Heer von Stellwänden zugepflastert, sondern atmet im Sinne des Schwerpunktthemas "Das große Format". Die präsentierten Positionen zeitgenössischer Malerei in Deutschland - allein von der Neuen Gruppe ausgerichtet - schaffen eine Spannung, die so der Großen Kunstausstellung noch nie geglückt ist. Klaus Fußmann, Rupprecht Geiger, Walter Stöhrer, Alfons Lachauer, Ben Willikens, Dieter Krieg, Andreas Grunert, Henning Kürschner und Bernd Zimmer spannen auf hohem Niveau einen Bogen von konstruktiven bis zu gestischen, von abstrakten bis zu gegenständlichen Anschauungen. Die drei Künstlergruppen können
diesmal also zufrieden sein. Nach dem kürzlich zu Ende gegangenen
"Zweiten Blick", einer Photoschau der Gegenwart als Auftakt,
steht die Große Kunstausstellung selbst jetzt deutlich für
die Veränderungen, die in die richtige Richtung führen.
(Bis 21. Januar. Der Katalog kostet 25 Mark.) CLAUDIA NIKLAS |